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hasenjagd | hare hunt

HASENJAGD

 

Wie betrachtet man als wissender Mensch eine Landschaft, die man als Kind und Jugendlicher selbst erlebt hat, mit ihren Ausblicken und Gegebenheiten aufgewachsen ist und die aber auch gleichzeitig so untrennbar mit einem der dunkelsten Kapitel der Geschichte unseres Landes verbunden ist? Wie fühlt es sich an, wenn man die immer noch selben Häuser, Äcker und Straßen, die lehmigen Furchen der Nebenstraßen, die die Traktoren nach dem Regen in den Boden zogen, sieht, aber auch im selben Atemzug an die verzweifelten Flüchtlinge und die Täter denkt, die diesen Anblick zeitversetzt auch gesehen haben? Wie kann man im satten Gras liegen und in den Himmel zu den Wolken blicken, ohne dass der Gedanke an die Todesangst, völlige Erschöpfung und Verzweiflung der durch diese Landschaften gehetzten Menschen in einem keimt? Wie kann man mit dem Bewusstsein zurechtkommen, dass auch Menschen, die man in seiner Kindheit kannte, möglicherweise ebenfalls unter den Menschenjägern waren? Man ahnt es nicht, wer sich in welcher grausamen Form an dieser Menschenhatz beteiligte und wer einer der wenigen äußerst Mutigen war, die Flüchtlinge versteckten, ihnen Nahrung in die Verstecke brachte oder zur Flucht verholfen hat?

Der von den Nationalisten zynisch geprägte Begriff „Mühlviertler Hasenjagd“ bedeutet die gnadenlose Verfolgung von 419 sogenannten K-Häftlingen des Todesblocks 20 im KZ Mauthausen, die in der Nacht zum 2. Februar 1945, bei minus 8 Grad, die Flucht wagten. Einigen schafften aufgrund ihrer Unterernährung und körperlichen Erschöpfung nur wenige Schritte der Freiheit nach Überwindung der Mauer, starben im Schnee oder im Kugelhagel der sofort alarmierten Wache. Alle jene, denen nicht die Flucht in die Wälder gelang und die 75 im Block zurückgebliebenen Kranken, wurden sofort exekutiert. Vorerst gelang über 300 Menschen – überwiegend sowjetische Offiziere – die vorläufige Rettung.

Am Morgen rief die SS-Lagerleitung die sogenannte „Treibjagd“ aus, an der sich neben SS und SA, auch die Gendarmerie, Feuerwehr, Wehrmacht, der Volkssturm und die Hitler-Jugend beteiligte und auch die Zivilbevölkerung regen Anteil nahm. Das grausame Ziel dieser Jagd war eine Ermordung aller Geflüchteten und somit keine Gefangene und damit Überlebende in das KZ Mauthausen zurückzubringen. Am Stützpunkt in Ried in der Riedmark wurden pietätlos die Leichen übereinander gestapelt.

Der Bericht an das Reichssicherheitshauptamt spricht von 419 Geflüchteten im Raume Mauthausen, Gallneukirchen, Wartberg, Pregarten, Schwertberg und Perg, wobei 300 wieder aufgegriffen wurden, aber nur 57 davon „lebend“. Entsetzlicher weise ist nur von elf sowjetischen Offizieren bekannt, dass sie die Flucht und das drei Monate spätere Kriegsende von dieser Menschenjagd überlebten.

Und wie soll man als wissender Mensch damit umgehen?

 

 

Gabriele Baumgartner, Kunsthistorikerin, Kuratorin

HARE HUNT

 

As a knowing person, how do you view a landscape that you experienced yourself as a child and teenager, grew up with its vistas and realities, and yet at the same time is so inextricably linked to one of the darkest chapters in our country's history? How does it feel to see the still-same houses, fields and roads, the loamy furrows of the side roads that the tractors pulled into the ground after the rain, but also to think in the same breath of the desperate refugees and the perpetrators who also saw this sight with a time lag? How can one lie in the lush grass and look up to the clouds in the sky without the thought of the fear of death, utter exhaustion and despair of the people rushed through these landscapes germinating in one's mind? How can you cope with the awareness that people you knew in your childhood may also have been among the manhunters? One has no idea who took part in this manhunt and in what cruel form, and who was one of the few extremely courageous people who hid fugitives, brought them food to their hiding places or helped them to escape?

 

The term "Mühlviertel Hare Hunt", cynically coined by the nationalists, refers to the merciless persecution of 419 so-called K prisoners of Death Block 20 in the Mauthausen concentration camp who dared to escape in the night of 2 February 1945, at minus 8 degrees. Due to their malnutrition and physical exhaustion, some only managed a few steps to freedom after overcoming the wall, dying in the snow or in a hail of bullets from the guards who were immediately alerted. All those who did not manage to escape into the woods and the 75 sick people who remained in the block were executed immediately. For the time being, more than 300 people - mostly Soviet officers - managed a temporary rescue.

 

In the morning, the SS camp administration called for a so-called "Treibjagd" (hunt), in which not only the SS and SA, but also the gendarmerie, fire brigade, Wehrmacht, Volkssturm and Hitler Youth participated, and in which the civilian population also took an active part. The cruel aim of this hunt was to murder all those who had escaped and thus to bring back no prisoners and thus survivors to the Mauthausen concentration camp. At the base in Ried in der Riedmark, bodies were impiously piled on top of each other.

 

The report to the Reich Security Main Office speaks of 419 fugitives in the area of Mauthausen, Gallneukirchen, Wartberg, Pregarten, Schwertberg and Perg, 300 of whom were picked up again, but only 57 of them "alive". Horrifyingly, only eleven Soviet officers are known to have survived the escape from this manhunt and the end of the war three months later.

 

And how is a knowledgeable person supposed to deal with this?

 

Gabriele Baumgartner, Kunsthistorikerin, Kuratorin

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